Wohnungsmarkt
Auch Tempelhof-Schöneberg verbietet Luxussanierungen
Nun kommt auch in Tempelhof-Schöneberg der Milieuschutz: Der Bezirk will Luxussanierungen am Bayerischen und am Kaiser-Wilhelm-Platz verbieten. Was aber erlaubt und verboten ist, muss noch geklärt werden.
Nach den Berliner Bezirken Pankow, Mitte und Friedrichshain-Kreuzberg sind nun auch in Tempelhof-Schöneberg Luxussanierungen in bestimmten Wohnlagen verboten.
Alles, was überdurchschnittliche Mietsteigerungen rechtfertigen könnte, wird nicht mehr genehmigt. Hauseigentümer, die ein Modernisierungsvorhaben planen, dürfen dieses ab sofort in der Gegend um den Barbarossaplatz und den Bayerischen Platz sowie im Schöneberger Norden um den Kaiser-Wilhelm-Platz nur noch realisieren, wenn es der Herstellung eines "zeitgemäßen Ausstattungsstandards" dient. Das beschloss das Bezirksamt Tempelhof-Schöneberg auf seiner Sitzung am Dienstag, wie die Baustadträtin des Bezirks, Sibyll Klotz (Grüne), mitteilte.
Ob das Anbringen neuer Balkone, der Einbau eines Aufzugs oder eines zweiten Bades bereits als unzulässige Aufwertung oder zeitgemäße Ausstattung gilt, ist allerdings noch offen. "Wir haben jetzt ein Jahr Zeit, die Kriterien festzulegen", sagte die Baustadträtin. Schon jetzt könnten mit dem Beschluss bestimmte Vorhaben wie etwa die Zusammenlegung von mehreren kleinen Wohnungen zu einer großen oder der Abriss preiswerter Mietshäuser aus den 1960er-Jahren verhindert werden. Insgesamt umfassen die Milieuschutzgebiete in Tempelhof-Schöneberg eine Fläche von 112 Hektar, auf denen knapp 30.000 Menschen leben.
Zwei neue Milieuschutzgebiete in Berlin-Schöneberg
Mit den beiden neuen Milieuschutzgebieten in Schöneberg gelten damit für mittlerweile 20 begehrte Wohnlagen in Innenstadtbereichen Berlins entsprechende Verordnungen. Der Bezirk Pankow mit insgesamt elf Gebieten ist dabei führend, in Friedrichshain-Kreuzberg gibt es sechs und in Mitte einen Kiez, der auf diese Weise vor Mieterverdrängung geschützt werden soll. Diese können nach Paragraf 172 des Baugesetzbuchs von den Bezirken oder Gemeinden erlassen werden, um das Ziel der "Erhaltung der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung" zu erreichen. Alle bislang ausgewiesenen Milieuschutzgebiete zeichnen sich durch den Zuzug einkommensstarker Bevölkerungsschichten aus, die in der Lage sind, die nach der Sanierung oft deutlich gestiegenen Mietkosten zu zahlen.
Wo eine Milieuschutzverordnung gilt, reicht es nicht mehr, wenn Eigentümer Umbauten, Modernisierungen, Nutzungsänderungen und Abrisse beim zuständigen Bauamt anzeigen – sie müssen sie nunmehr vom Bezirk genehmigen lassen. Entscheidet das Bauamt, dass durch eine Baumaßnahme – etwa der Einbau von Gäste-WCs, Markenküchen oder Fußbodenheizungen – die Mieten so steigen, dass die vorhandene Bevölkerungsstruktur im Kiez gefährdet wird, kann die Genehmigung versagt werden.
Berliner Mieterverein begrüßt die Ausweitung des Milieuschutzes
In vielen Bezirken hat diese Regelung bereits für zahlreiche gerichtliche Auseinandersetzungen gesorgt. So entschied das Verwaltungsgericht Berlin 2011, dass der Bezirk Pankow den Einbau von Aufzügen wieder genehmigen muss, weil dies dem "zeitgemäßen Ausstattungsstandard" entspreche.
Der Berliner Mieterverein (BMV) begrüßte die Ausweitung des Milieuschutzes auf Teile von Schöneberg als längst überfällig, "weil wir gerade am Barbarossaplatz festgestellt haben, dass der Handel mit Immobilien stark zugenommen hat", sagte der Chef des Mietervereins, Reiner Wild, am Dienstag. Preiswerter Wohnraum werde massenhaft abgerissen, Hilfe für die Mieter sei dringend erforderlich, sagte Wild.
Eigentümerverbände kritisieren Entscheidung des Bezirksamts
Entschieden gegen die Ausweitung sprachen sich dagegen die Eigentümer- und Immobilienverbände aus. "Es ist doch absurd, wenn ein Bezirk entscheidet, dass wandhängende WCs oder Parkett unzulässiger Luxus sind, obwohl diese längst Standard und inzwischen oft günstiger als vergleichbare Artikel sind", sagte Dieter Blümmel, Sprecher des Verbandes Haus & Grund. Solche Einbauten seien zeitgemäß und würden vom Mieter auch erwartet, zudem wirkten sie sich in der Modernisierungsumlage "nur minimal" aus, so Blümmel. Er sei sicher, dass die Verwaltungsgerichte viele der derzeitigen Modernisierungsverbote wieder aufheben werden.
Ähnlich äußerte sich Hiltrud Sprungala, Geschäftsführerin des Bundesverbandes Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmer (BFW) für Berlin-Brandenburg. "Wieder einmal hat ein Bezirk bedauerlicherweise darauf verzichtet, sich mit den Akteuren am Wohnungsmarkt auszutauschen", so Sprungala. Es sei nicht zielführend, Bauherren daran zu hindern, ein Angebot zu schaffen, für das die Nachfrage groß sei. "Das einzige Mittel, was Mieter wirklich schützt, wäre ein ausreichender Wohnungsneubau", so die Verbandschefin.