25.03.2013 10:38
Auf Antrag der Grünen hat das Berliner Abgeordnetenhaus Ende letzter Woche einen Maßnahmenkatalog zum Steigern des Open-Source-Einsatzes in der Verwaltung diskutiert. Laut dem Antrag (PDF-Datei) soll bis 2018 auf mindestens 25 Prozent der künftigen standardisierten IT-Arbeitsplätze in Behörden freie Software laufen; Server seien komplett auf Linux umzustellen. Mit einem Kompetenzzentrum möchte die Oppositionsfraktion die Bezirke und Forschungseinrichtungen mit Landesbeteiligung an Bord holen. Eine "Clearingstelle" soll helfen, Interoperabilitätsprobleme zu lösen.
Den Senat hatten die Grünen schon wiederholt vergeblich aufgefordert, eine IT-Strategie auf Basis von Open Source zu entwickeln, um sich strategisch unabhängig von marktbeherrschenden, proprietären Anbietern zu machen. 2008 schwächte die damals regierende rot-rote Koalition einen zunächst getroffenen Beschluss zur Linux-Umrüstung im Nachhinein ab. Die Berliner Politik soll seitdem "unter der Maßgabe der Machbarkeit und Wirtschaftlichkeit" auf offene Standards setzen.
Seit Jahren beklage die Regierung selbst die Heterogenität der Berliner IT-Landschaft, begründete Thomas Birk von den Grünen den neuen Anlauf in der ersten Lesung. Die Strategie marktführender Softwareanbieter mit ihren verschlossenen Quellcodes, die alle paar Jahre gebührenpflichtig variiert würden, verhindere den Aufbau einer gut funktionierenden digitalen Kommunikationsstruktur der Behörden. Freie Software biete einen Ausweg aus diesem "Teufelskreis". Berlin hätte es damit auch "selbst in der Hand, wohin strategisch die Reise geht".
Die Zeit dränge, da der Support für Windows XP im April 2014 auslaufe und die Weichen für einen Wechsel jetzt gestellt werden müssten, erklärte Birk. Der Grüne erinnerte die SPD an ihren Parteitagsbeschluss vom September, wonach diese "das langfristige Ziel verfolgen, eine Umstellung auf freie Open-Source-Software für die Verwaltung durchzuführen". Auch die CDU habe in Zeiten der Opposition noch "mit uns zusammen für das Ziel mehr Open Source gekämpft".
In der rot-schwarzen Koalition kommt der Vorstoß aber bislang nicht sonderlich gut an. Die Grünen hätten die Initiative 2008 größtenteils "wortgleich" schon einmal eingebracht, monierte Sven Kohlmeier in Namen der SPD-Fraktion. Vor dem Aufstellen eines Fahrplans sollten insbesondere die in dem Antrag geforderten Gutachten etwa zur Behandlung freier Software bei Beschaffungsmaßnahmen abgewartet werden. Zudem könne es mit Open Source "gefährlich werden, wenn es um sicherheitsrelevante Bereiche geht".
Der CDU-Abgeordnete Oliver Friederici hält die Forderungen in weiten Teilen für unnötig, da in den derzeitigen Vorgaben der Verwaltung der "gleichberechtigte Einsatz" freier Software bereits berücksichtigt sei. Die rund 73.000 IT-Arbeitsplätze bei Behörden des Landes müssten funktionsfähig bleiben, betonte Friederici. Derzeit seien 99 Prozent der Fachverfahren proprietär und würden von den beauftragten Firmen "auch gepflegt". An Veränderungen am Quellcode von Software habe die Verwaltung "nur in sehr wenigen Fällen wirkliches Interesse". Insgesamt sei die Initiative "eher kritisch" zu sehen, da diese sich für eine "klare und einseitige Bevorzugung" von Open Source ausspreche.
Mit einer konsequenten Strategie für freie Software könnten "grundlegende Ziele wie Wirtschaftlichkeit, Effizienzsteigerung, Herstellerunabhängigkeit und Standardisierung" erreicht werden, befand dagegen Uwe Doering von den Linken. Schon 2008 sei die Pilotphase für Arbeitsplätze mit freier Software abgeschlossen gewesen, nun wolle der Senat erst bis zum Haushalt 2014/15 ein Gesamtkonzept zur Vereinheitlichung der IT-Landschaft vorlegen. Generell spreche schon jetzt alles für den verstärkten Einsatz von Linux.
Der Pirat Simon Weiß begrüßte den Vorstoß ebenfalls grundsätzlich, da er "das Wesentliche abdeckt". Es gebe zwar schon ein "politisches Bekenntnis" zu freier Software in der Berliner Verwaltung, in der Praxis sei davon aber wenig angekommen. Bei Office-Anwendungen würde zu 22 Prozent Open Source verwendet, bei Betriebssystemen nur zu acht Prozent. Daher sei eine "konzertierte Anstrengung" nötig, die "an den Wurzeln" ansetze. So müsse etwa bei der Beschaffung und Ausschreibung darauf geachtet werden, dass freie Software ein Kriterium sei. Darüber hinaus seien definierte offene Schnittstellen und Dokumentenstandards wichtig, um eine Migration akzeptabel zu machen. Die Vorteile lägen vor allem im finanziellen Bereich, von einer Umstellung aus ideologischen Gründen könne keine Rede sein. (Stefan Krempl)
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(odi)
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